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Drei Vulkane, ein Unterwasserhotel, kein WiFi und drei christliche Missionare als Zimmernachbarn – die Tage am Lago Atitlan waren ohne Zweifel etwas Besonderes.
Als ich mit dem Boot am Hostel la Iguana Perdida ankomme, bin ich erstmal etwas platt – das Hostel hat kein WiFi!!!!??? Was soll ich hier denn jetzt drei Tage lang machen????!!!! Eigentlich wollte ich ja meine Route für Südamerika planen. Ohne Reiseführer und WiFi muss ich mir jetzt etwas anderes einfallen lassen.

Noch während des Grübelns bekomme ich neue Zimmernachbarn – zwei Mädels und ein Typ mit langen Zottelhaaren, alle drei Mitte Zwanzig mit Tattoos und Nasenpiercing. Normale Weltreisende eben denke ich. Als ich jedoch frage, was sie denn so machen, haut es mich echt von den Socken: alle drei sind christliche Missionare. Wie bitte??? Offensichtlich ist das die neue, swaggere Missionars-Generation.
Neben unzähligen Fragen (offensichtlich sind die drei sowas wie die globalen Manager, die durch die ganze Welt reisen), kann ich auch die nächsten Tage dabei zuschauen, wie sie ihre Teams neu zusammenstellen: “Passt McKenna ins Team von Sheila?”, “Kann man wirklich ein reines Männerteam machen?”, “Hat Shawn schon die nötigen Fähigkeiten, um ein Team zu führen?” usw. – eigentlich keine anderen Diskussionen als in einem großen Konzern 🙂

Da ich mir in Mexiko einen neuen Reisebegleiter zugelegt habe, beschäftige ich mich erstmal mit ihm – besser gesagt mit ihr – meiner Akustikgitarre, die ich während der gesamten WiFi-freien Zeit überall im Hostel herumtrage. Ich glaube keiner der Gäste kann in Zukunft mehr “Country Roads” hören.
Tollerweise findet man in jedem Hostel auch immer jemanden, der ganz passabel Gitarre spielen kann. So bekomme ich hier von Marcel, einem Work-for-Stay Volunteer aus Köln, eine kostenlose Übungsstunde und viele tolle Tipps. Tausend Dank für deine Geduld Marcel!
Am nächsten WiFi-losen Tag gehe ich das erste Mal in einem Süßwassersee auf 1.500 Metern Höhe tauchen. (Jeder Taucher weiß, dass Süßwasser und Höhenlage des Tauchspots unglaublichen Einfluss auf die Tarierung haben – ich bin gespannt.)
Der Tauchgang führt zum Lieblingstauchplatz der Tauchlehrerin – den „Aguas Calientes (heißen Quellen)”. Hier steht tatsächlich ein Hotel, welches durch den steigenden Wasserstand vom See einfach so geschluckt wurde. Welch ein cooler Tauchspot!!!

Wir schwimmen mit unserer Tauchausrüstung durch den ehemaligen Pool, stehen an der Bar und lassen im Wasser Flaschen an die Decke schweben. Auf dem Rückweg schauen wir noch bei einem Ei vorbei, welches Annika am Tag vorher in die heißen Vulkanquellen gelegt hat – von der Hitze am Seeboden ist es mittlerweile ein perfektes Frühstücksei. Ein unvergessliches Taucherlebnis.
So schlimm wars gar nicht ohne WiFi – noch dazu habe ich auch noch zwei Bücher drei Tagen locker durchgelesen. Ist ja fast wie im Urlaub 🙂 Ich bin schon etwas traurig weiterzuziehen. Mal sehen, was mich in der Spanischen Vorzeigekolonialstadt Antigua erwartet.
Ach ja – wie gefällt mir Guatemala eigentlich generell?
Nun, nach fast 5 Monaten in Industrieländern war das Entwicklungsland Guatemala für mich erst einmal wieder ein Schock.

Kaputte Straßen, Abgase, Müll am Straßenrand, die Luft riecht nach verbranntem Plastik und die schwarz rauchenden ausrangierten amerikanischen Schulbusse erinnern mich an Indien und Nepal. Ich brauchte erst einmal einige Tage um richtig im Land anzukommen.

Nach einer Woche in Xela mit Rundumbeschallung auf Spanisch (5 Stunden täglich Sprach- und 1 Stunde Gitarrenunterricht, Homestay in einer Gastfamilie, Tanzkurs, Ausflüge in Maya-Dörfer und das alles auf Spanisch) bin ich endlich mental und sprachlich in Lateinamerika angekommen 🙂
